Kliniken bedienen sich bei Privatpatienten
Zweifelhafte Preisaufschläge: Kliniken bereichern sich an Privatpatienten
28. Januar 2017
Die meisten Krankenhäuser in Deutschland leiden unter einem starken Kostendruck. Sie geraten daher immer wieder in Versuchung, die eigenen Einnahmen durch kleinere Tricks zu erhöhen, berichten Medien übereinstimmend.
Da die Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenversicherungen streng reguliert ist, geraten dabei regelmäßig die privat Versicherten Patienten ins Visier.
Haben Kliniken PKV-Patienten betrogen?
Inhaltsverzeichnis
So war es lange Zeit üblich, innerhalb der Krankenhäuser kleine Privatkliniken zu gründen. Diese waren für den Versicherten nicht zu erkennen, rechneten aber deutlich höhere Kosten ab. Diese Praxis wurde durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2012 allerdings unterbunden. Nun hat eine Bremer Klinik stattdessen die Hausapotheke als zusätzliche Einnahmequelle entdeckt.
Pro Fall entstanden Zusatzkosten von 11.000 Euro
Konkret geht es um das Evangelische Diakonie-Krankenhaus in Bremen. Dort kommen regelmäßig im Rahmen von Chemotherapien sogenannte Zytostatika zum Einsatz. Einem privaten Versicherer war nun aber aufgefallen, dass diese in dieser Klinik deutlich teurer waren als in vergleichbaren Krankenhäusern.
Rein rechnerisch lagen die Zusatzkosten je Fall bei stolzen 11.000 Euro. Wie war das möglich? Die Klinik hat sich eine Gesetzeslücke im Apothekenrecht zunutze gemacht. Denn die klinikeigene Apotheke kann die Preise für Arzneimittel frei festlegen und hat daher für die Zytostatika reine Phantasiepreise festgelegt.
Für die Klinik ist dies ein gutes Geschäft: Sie bezieht die Arzneimittel direkt von den Herstellern und kommt so auf eine enorme Gewinnspanne.
Die Kosten liegen im Millionenbereich
Illegal ist dieser Trick nicht, er unterläuft aber ganz offensichtlich das deutsche Apothekenrecht. Denn die Preise von Medikamenten in öffentlichen Apotheken sind streng reguliert.
Bisher war es daher übliche Praxis, dass sich die klinikeigenen Apotheken an diesen Vorgaben orientierten und ähnliche Preise in Rechnung stellten. Das Diakonie-Krankenhaus in Bremen will sich nun aber nicht mehr an diese Regelung halten. Dies versetzt die privaten Krankenversicherungen in Alarmbereitschaft. Denn die überhöhten Preise führen zu erheblichen Mehrkosten.
Sollten sich alle deutschen Krankenhäuser dem Bremer Modell anschließen, würde dies alleine bei den Zytostatika zu Mehrkosten von 40 Millionen Euro führen. Noch nicht eingerechnet sind dabei die Kosten, die entstehen, falls die Abrechnungspraxis auf weitere Arzneimittel übertragen wird.
Der Bundestag soll die Gesetzeslücke schließen
Eine Klage der privaten Krankenversicherungen gegen das Bremer Krankenhaus blieb allerdings zunächst erfolglos. Die Richter schlossen sich der Meinung an, dass die Preisgestaltung der Klinikapotheke zwar ungewöhnlich, aber rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die privaten Krankenversicherer setzen daher nun auf die Hilfe der Politik.
Der Deutsche Bundestag könnte durch eine Gesetzesänderung die bisherige Regelung präzisieren und so die Bremer Abrechnungspraxis beenden. Zumindest die CDU hat sich des Themas auch bereits angenommen und strebt eine entsprechende Neuregelung an.
Unklar ist allerdings noch, wie sich die SPD verhalten wird. Diese gilt nicht als Freund der privaten Krankenversicherer und möchte diese langfristig sogar abschaffen.
PKV Beitragserhöhung droht
Unstrittig ist allerdings, dass die Versicherer nicht in der Lage sind, die zusätzlichen Kosten einfach aus der Portokasse zu bezahlen. Vielmehr würde eine flächendeckende Einführung des Bremer Abrechnungsmodells wohl vor allem zu steigenden Versicherungsprämien führen. Dies kann eigentlich nicht im Sinne der Politik sein. Siehe dazu die PKV Beitragserhöhung 2017
In der Vergangenheit hat sich dabei gezeigt, dass kreative Methoden zur Einnahmensteigerung oftmals sehr schnell von allen Krankenhäusern übernommen werden. Dies befürchten die privaten Versicherer nun auch beim Medikamentenbezug über die klinikeigene Apotheke und appellieren daher an die im Bundestag vertretenen Politiker, das Schlupfloch zu schließen.