zum Inhalt

Pflegeversicherung

Palliativpflege zu Hause: Wer übernimmt die Kosten und welche Unterstützung gibt es für Angehörige?

27. Juli 2025

Kostenübernahme bei Palliativpflege zu Hause: Das Wichtigste im Überblick

Die medizinische Versorgung in der Palliativpflege wird grundsätzlich von der Krankenkasse getragen. Besteht zusätzlich ein Pflegegrad, steuert die Pflegekasse weitere Leistungen bei. Für Patientinnen, Patienten und Angehörige entstehen in der Regel keine direkten Kosten – die Palliativversorgung ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, auf die jeder Versicherte Anspruch hat.

Grundlegende Finanzierung der Palliativversorgung

  • Krankenkasse: Übernimmt 100% der medizinischen Versorgung, Schmerztherapie, Medikamente und spezialisierte Palliativleistungen.
  • Pflegekasse: Finanziert zusätzliche Pflegeleistungen bei vorhandenem Pflegegrad.
  • Ambulante Hospizdienste: 95% Finanzierung durch Krankenkassen, 5% durch Spenden.

Rechtliche Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen für die Palliativpflege zu Hause

Gesetzlicher Anspruch auf Palliativversorgung

Seit 2007 hat jede todkranke Person das Recht, zu Hause palliativ versorgt zu werden. Das Hospiz- und Palliativgesetz von 2015 hat diese Rechte weiter gestärkt. Der Anspruch besteht bei

  • nicht heilbaren, fortschreitenden Erkrankungen,
  • begrenzter Lebenserwartung (Tage, Wochen oder Monate) und
  • besonders aufwändigem Versorgungsbedarf.

Voraussetzungen für die Verordnung für die Palliativpflege zu Hause

Die Palliativversorgung erfordert eine ärztliche Verordnung. Dabei muss Folgendes vorliegen:

  • ärztliche Einschätzung der Prognose und des Versorgungsbedarfs,
  • komplexe Symptomatik wie ausgeprägte Schmerzen, Atemnot oder andere belastende Symptome und
  • der Wunsch der Patientin oder des Patienten, in der häuslichen Umgebung versorgt zu werden.
  • Medizinische Versorgung durch die Krankenkasse

Hausärztliche Palliativversorgung

Die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) bildet das Fundament der häuslichen Betreuung. Sie umfasst

  • regelmäßige Hausbesuche und palliativmedizinische Betreuung,
  • Schmerztherapie und Symptomkontrolle,
  • Koordination mit anderen Leistungserbringern,
  • Beratung zu Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht.

Fachärztliche Palliativversorgung

Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzweiterbildung Palliativmedizin bieten spezialisierte Leistungen:

  • komplexe Schmerztherapie,
  • Behandlung schwieriger Symptome,
  • konsiliarische Beratung,
  • 24-Stunden-Erreichbarkeit bei Bedarf.

Häusliche Krankenpflege

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für häusliche Krankenpflege einschließlich

  • Symptomkontrolle bei Palliativpatientinnen und -patienten,
  • Wundversorgung und Verbandswechsel,
  • Medikamentengabe und Überwachung,
  • Krisenintervention bei Notfällen.

Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV)

Was ist SAPV?

Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung ist eine besonders intensive Form der häuslichen Betreuung. Sie wird von multiprofessionellen Teams erbracht und richtet sich an Patientinnen und Patienten mit komplexen Versorgungsbedürfnissen.

Leistungen der SAPV

SAPV-Teams bieten folgende Leistungen:

  • Beratung der behandelnden Ärztinnen, Ärzte, Pflegekräfte und Angehörigen,
  • Koordination aller Versorgungsleistungen,
  • additive Teilversorgung ergänzend zur Grundversorgung,
  • vollständige Versorgung bei komplexen Situationen.

Verordnung von SAPV

Die SAPV wird auf Formular Muster 63 verordnet:

  • Erstverordnung: bis zu 7 Tagen (Krankenhaus) oder 28 Tagen (niedergelassene Ärztin bzw. niedergelassener Arzt),
  • Folgeverordnungen: bis zu 2 weitere Verordnungen möglich; Voraussetzung ist die Progression der Symptomatik.

Kosten der SAPV

Die Kosten werden vollständig von der Krankenkasse übernommen. Eingeschlossen sind

  • ärztliche und pflegerische Leistungen,
  • 24-Stunden-Rufbereitschaft,
  • Koordination und Beratung,
  • Medikamente und Hilfsmittel.

Ambulante Hospizdienste als Unterstützung

Leistungen ambulanter Hospizdienste

Ambulante Hospizdienste bieten ehrenamtliche Begleitung für Patientinnen, Patienten und Angehörige:

  • psychosoziale Betreuung und Gesprächsführung,
  • Entlastung der Angehörigen,
  • praktische Hilfe im Alltag,
  • Sterbebegleitung.

Finanzierung der Hospizdienste

  • 95% Förderung durch die gesetzlichen Krankenkassen,
  • 5% Eigenanteil durch Spenden und ehrenamtliches Engagement,
  • kostenfrei für Betroffene und Angehörige.

Zugang zu Hospizdiensten

Der Zugang ist niedrigschwellig und erfordert keine ärztliche Verordnung:

  • direkter Kontakt zum örtlichen Hospizdienst,
  • Koordination mit anderen Leistungserbringern,
  • flexibler Einsatz nach Bedarf.

Palliative-Care-Teams: Multiprofessionelle Betreuung

Zusammensetzung der Palliative-Care-Teams

Ein Palliative-Care-Team besteht aus verschiedenen Fachkräften:

  • Palliativmedizinerinnen und -mediziner,
  • Pflegefachkräfte mit Palliative-Care-Qualifikation (mindestens 160 Stunden),
  • Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter für sozialrechtliche Beratung,
  • Psychologinnen und Psychologen für psychosoziale Begleitung,
  • Seelsorgerinnen und Seelsorger für spirituelle Betreuung,
  • Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten für Mobilisation und Schmerzlinderung.

Arbeitsweise der Teams

Die Teams arbeiten interdisziplinär und koordiniert:

  • regelmäßige Teambesprechungen,
  • gemeinsame Behandlungsplanung,
  • 24-Stunden-Erreichbarkeit,
  • enge Vernetzung mit anderen Leistungserbringern.

Qualitätsanforderungen

Für SAPV-Teams gelten hohe Qualitätsstandards:

  • spezialisierte Weiterbildungen,
  • Nachweis von Behandlungserfahrung,
  • strukturelle und personelle Mindestanforderungen,
  • regelmäßige Fortbildungen.

Zusätzliche Leistungen der Pflegekasse

Pflegegeld und Sachleistungen

Bei vorhandenem Pflegegrad stehen zusätzliche Leistungen zur Verfügung:

Pflegegrad Pflegegeld/Monat Pflegesachleistungen/Monat
2 347 € 724 €
3 545 € 1.363 €
4 728 € 1.693 €
5 901 € 2.095 €

Entlastungsbetrag

Der einheitliche Entlastungsbetrag beträgt 131 € monatlich und kann verwendet werden für

  • Tages- und Nachtpflege,
  • Kurzzeitpflege,
  • anerkannte Entlastungsangebote,
  • ambulante Pflegedienste.

Verhinderungspflege

Die Verhinderungspflege ermöglicht Auszeiten für pflegende Angehörige:

  • bis zu 1.612 € jährlich,
  • maximal 6 Wochen,
  • kombinierbar mit Kurzzeitpflege.

Kurzzeitpflege

Die Kurzzeitpflege bietet vorübergehende stationäre Betreuung:

  • bis zu 1.774 € jährlich,
  • maximal 8 Wochen,
  • bei Überlastung oder Krankheit der Angehörigen.

Unterstützung und Entlastung für Angehörige

Emotionale Belastung der Angehörigen

Die Betreuung sterbender Menschen stellt hohe Anforderungen an Angehörige:

  • körperliche und seelische Belastung,
  • Angst vor dem Sterben und vor Schmerzen,
  • Überforderung bei der Pflege,
  • soziale Isolation.

Unterstützungsangebote

Verschiedene Dienste bieten Entlastung für Angehörige:

  • psychosoziale Beratung durch Palliativ-Teams,
  • ehrenamtliche Begleitung durch Hospizdienste,
  • Angehörigengruppen und Selbsthilfe,
  • seelsorgerische Betreuung.

Praktische Hilfen

Angehörige erhalten praktische Unterstützung:

  • Schulungen im Umgang mit Palliativpatientinnen und -patienten,
  • Beratung zu Hilfsmitteln und Wohnungsanpassung,
  • Koordination verschiedener Dienste,
  • 24-Stunden-Rufbereitschaft bei Krisen.

Trauerbegleitung

Die Unterstützung setzt sich über den Tod hinaus fort:

  • Trauerbegleitung durch Hospizdienste,
  • Trauergruppen und Einzelberatung,
  • psychologische Unterstützung,
  • spirituelle Begleitung.

Kostenübersicht: Tabelle der Leistungen

Leistungsart Kostenträger Kostenübernahme Voraussetzungen
Medizinische Versorgung Krankenkasse 100% Ärztliche Verordnung
Hausärztliche Palliativversorgung Krankenkasse 100% Palliativmedizinische Qualifikation
Fachärztliche Palliativversorgung Krankenkasse 100% Zusatzweiterbildung
SAPV Krankenkasse 100% Komplexer Versorgungsbedarf
Häusliche Krankenpflege Krankenkasse 100% Ärztliche Verordnung
Medikamente und Hilfsmittel Krankenkasse 100% Ärztliche Verordnung
Ambulante Hospizdienste Krankenkasse 95% Ehrenamtliche Begleitung
Pflegegeld Pflegekasse 100% Pflegegrad 2–5
Pflegesachleistungen Pflegekasse 100% Pflegegrad 2–5
Entlastungsbetrag Pflegekasse 100% Pflegegrad 1–5

Versorgungsebenen im Überblick

Allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV)

Die Basisversorgung erfolgt durch

  • Hausärztinnen und Hausärzte mit palliativmedizinischer Qualifikation,
  • koordinierte Versorgung mit anderen Leistungserbringern,
  • Schmerztherapie und Symptomkontrolle,
  • Beratung zu Patientenverfügung.

Besonders qualifizierte palliativmedizinische Versorgung

Diese erweiterte Versorgung bietet

  • Ärztinnen und Ärzte mit spezieller Palliativqualifikation,
  • komplexere Symptombehandlung,
  • intensivere Koordination,
  • konsiliarische Beratung.

Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV)

Die höchste Versorgungsebene umfasst

  • multiprofessionelle Teams,
  • 24-Stunden-Verfügbarkeit,
  • komplexe Symptombehandlung,
  • vollständige Patientinnen- und Patientenversorgung.

Praktische Schritte zur Inanspruchnahme

Antragstellung und Verordnung

Ärztliche Beurteilung

  • Hausärztin oder Hausarzt stellt Prognose.
  • Einschätzung des Versorgungsbedarfs.
  • Aufklärung über Möglichkeiten.

Verordnung

  • AAPV: hausärztliche Verordnung.
  • SAPV: Verordnung auf Formular Muster 63.
  • Häusliche Krankenpflege: Formular Muster 12.

Genehmigung

  • Krankenkasse prüft den Antrag.
  • Genehmigung meist innerhalb einer Woche.
  • Rücksprache bei Fragen möglich.

Koordination der Versorgung

  • Zentrale Ansprechpartner: Hausärztin oder Hausarzt, SAPV-Team bei komplexen Fällen, Pflegedienst für praktische Umsetzung.
  • Zusammenarbeit verschiedener Dienste: abgestimmte Behandlungspläne, regelmäßige Teambesprechungen, gemeinsame Dokumentation.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Palliativpflege zu Hause

  1. Wer hat Anspruch auf Palliativpflege zu Hause?
    Anspruch haben alle gesetzlich Versicherten mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden Erkrankung, bei der die Lebenserwartung auf Tage, Wochen oder Monate begrenzt ist. Voraussetzung sind eine ärztliche Verordnung und der Wunsch, zu Hause versorgt zu werden. Bei Kindern und Jugendlichen gilt der Anspruch auch bei länger prognostizierter Lebenserwartung.

  2. Welche Kosten übernimmt die Krankenkasse bei Palliativpflege zu Hause?
    Die Krankenkasse übernimmt 100% der medizinischen Versorgung, einschließlich Schmerztherapie, Medikamente, häuslicher Krankenpflege und SAPV-Leistungen. Zusätzlich werden 95% der Kosten für ambulante Hospizdienste getragen. Bei vorhandenem Pflegegrad steuert die Pflegekasse weitere Leistungen wie Pflegegeld und Sachleistungen bei.

  3. Wie wird die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) verordnet?
    SAPV wird auf dem Verordnungsformular Muster 63 verordnet. Die Verordnung erfolgt durch eine Vertragsärztin, einen Vertragsarzt oder eine Krankenhausärztin, einen Krankenhausarzt bei komplexem Versorgungsbedarf. Die Erstverordnung gilt bis zu 28 Tagen, Folgeverordnungen sind bis zu zweimal möglich, wenn die Symptomatik fortschreitet.

  4. Welche Unterstützung erhalten Angehörige bei der Palliativpflege zu Hause?
    Angehörige erhalten umfassende Unterstützung durch verschiedene Dienste. Dazu gehören psychosoziale Beratung durch Palliativ-Teams, ehrenamtliche Begleitung durch Hospizdienste, Schulungen im Umgang mit Palliativpatientinnen und -patienten sowie Entlastungsangebote. Auch Trauerbegleitung über den Tod hinaus wird angeboten.

  5. Wie setzt sich ein Palliative-Care-Team zusammen?
    Ein Palliative-Care-Team besteht aus Palliativmedizinerinnen und -medizinern, Pflegefachkräften mit Palliative-Care-Weiterbildung, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Psychologinnen und Psychologen, Seelsorgerinnen und Seelsorgern und bei Bedarf Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten. Das Team arbeitet interdisziplinär und bietet 24-Stunden-Erreichbarkeit.