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Krankenzusatzversicherung

Amalgam-Verbot 2025: Neue Ära der Zahnfüllungen bringt Veränderungen bei Kosten und Behandlung

8. Juli 2025

Hintergrund und Rechtsgrundlage des Amalgam-Verbots

Inhaltsverzeichnis

Das seit dem 1. Januar 2025 geltende EU-weite Verbot von Amalgam-Zahnfüllungen markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der Zahnmedizin. Diese Entscheidung basiert auf der EU-Quecksilber-Verordnung 2017/852 und der Verordnung 2024/1849 des Europäischen Parlaments und des Rates, die die Umsetzung der Minamata-Konvention der Vereinten Nationen von 2013 vorantreibt.

Gründe für das Amalgam-Verbot

Die Hauptmotivation für das Verbot liegt im Umweltschutz: Da Amalgam-Füllungen zu etwa 50 Prozent aus Quecksilber bestehen, sollen die Quecksilberemissionen in die Umwelt eingedämmt werden. Das giftige Schwermetall kann bei der Herstellung, Verwendung und Entsorgung von Amalgam freigesetzt werden und über die Nahrungskette in den menschlichen Körper gelangen.

Ausnahmeregelungen

Trotz des grundsätzlichen Verbots existieren begrenzte Ausnahmeregelungen: Zahnärzte dürfen Amalgam nur noch verwenden, wenn sie es aufgrund der spezifischen medizinischen Erfordernisse bei einer Patientin oder einem Patienten für zwingend notwendig erachten. Diese Ausnahme ist jedoch zeitlich befristet und wird von der EU-Kommission bis Ende 2029 überprüft.

Auswirkungen auf die Kostenerstattung der Krankenkassen

Erhalt der zuzahlungsfreien Versorgung

Eine der wichtigsten Fragen für Patienten betrifft die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen. Der GKV-Spitzenverband und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) haben sich auf eine Lösung verständigt, die mehrkostenfreie Zahnfüllungen auch nach dem Amalgam-Verbot ermöglicht.

Neue Regelversorgung im Bewertungsmaßstab (BEMA)

Die Anpassung der BEMA-Regelungen sorgt dafür, dass alle GKV-Versicherten mit qualitativ hochwertigen modernen amalgamfreien Zahnfüllungen ohne zusätzliche Kosten versorgt werden können. Die Bewertung der BEMA-Nummern 13 a-d bleibt dabei unverändert:

BEMA-Nr. Flächenanzahl Punktwert
13a einflächig 32 Punkte
13b zweiflächig 39 Punkte
13c dreiflächig 49 Punkte
13d mehr als dreiflächig 58 Punkte

Änderungen bei der Kostenerstattung

Die bisherige Ausnahmeregelung für Kompositfüllungen im Seitenzahnbereich nach den BEMA-Nummern 13 e-h entfällt, da Amalgam nicht mehr verwendet werden darf. Stattdessen gelten neue Richtlinien für die Materialauswahl:

  • Frontzahnbereich: Adhäsiv befestigte Füllungen (Komposite) bleiben Kassenleistung
  • Seitenzahnbereich: Selbstadhäsive Materialien werden zur neuen Regelversorgung

Alternative Füllungsmaterialien nach dem Amalgam-Verbot

Selbstadhäsive Materialien als neue Basis-Versorgung

Als Ersatz für Amalgam kommen im Seitenzahnbereich hauptsächlich selbstadhäsive Materialien zum Einsatz, die ohne zusätzliche Haftvermittler direkt mit der Zahnsubstanz verbunden werden können:

Glasionomerzemente (GIZ)

Glasionomerzemente sind die primäre Alternative zu Amalgam in der Kassenversorgung. Sie bieten folgende Eigenschaften:

Vorteile:

  • Selbsthaftende Eigenschaften
  • Fluoridfreisetzung zur Kariesprophylaxe
  • Einfache Verarbeitung
  • Keine absolute Trockenlegung erforderlich
  • Biokompatibilität

Nachteile:

  • Geringere Haltbarkeit (5-8 Jahre)
  • Eingeschränkte Bruchfestigkeit bei größeren Füllungen
  • Begrenzte Ästhetik

Kunststoffmodifizierte Glasionomerzemente

Diese Materialien kombinieren die Vorteile von Glasionomerzement mit verbesserter Ästhetik und Haltbarkeit:

  • Bessere mechanische Eigenschaften als konventionelle GIZ
  • Verbesserte Verarbeitungszeit
  • Höhere Transluzenz für natürliches Aussehen

Bulkfill-Komposite als Ausnahme-Lösung

Wenn eine Kavität im Seitenzahnbereich nicht mit selbstadhäsiven Materialien versorgt werden kann, gehören Bulkfill-Komposite zur Regelversorgung ohne Patientenzuzahlung. Diese modernen Komposite erlauben:

  • Einbringung in Schichten von bis zu 4-5 mm
  • Verkürzte Behandlungszeit
  • Gute mechanische Eigenschaften
  • Vereinfachtes Handling

Vergleich der Haltbarkeit verschiedener Füllungsmaterialien

Material Durchschnittliche Haltbarkeit Anwendungsbereich Kostenübernahme GKV
Amalgam 15-20 Jahre Seitenzähne Bis 2024 vollständig
Glasionomerzement 5-8 Jahre Alle Bereiche Ab 2025 vollständig
Bulkfill-Komposite 7-10 Jahre Seitenzähne Ab 2025 in Ausnahmefällen
Komposite (Mehrschicht) 8-12 Jahre Alle Bereiche Frontzähne vollständig
Keramik-Inlays 10-15 Jahre Seitenzähne Teilweise mit Zuzahlung

Auswirkungen auf die Behandlungszyklen

Die geringere Haltbarkeit der neuen Kassenleistungen bedeutet, dass Füllungen häufiger erneuert werden müssen. Dies führt zu:

  • Erhöhten Behandlungszyklen alle 5-8 Jahre statt 15-20 Jahre
  • Potenziellem Verlust gesunder Zahnsubstanz bei wiederholten Behandlungen
  • Höheren Langzeitkosten für das Gesundheitssystem
  • Kosten und Zuzahlungen für Patienten

Mehrkostenfreie Versorgung beim Zahnarzt

Die neue Regelversorgung umfasst:

Seitenzahnbereich:

  • Glasionomerzemente vollständig kostenfrei
  • Bulkfill-Komposite in medizinisch begründeten Ausnahmefällen kostenfrei

Frontzahnbereich:

  • Kompositfüllungen bleiben vollständig kostenfrei

Zuzahlungspflichtige Alternativen zu Amalgam-Füllungen

Für Patienten, die sich für langlebigere oder ästhetisch hochwertigere Materialien entscheiden, entstehen Mehrkosten:

Füllungsart Zusatzkosten (ca.) Haltbarkeit
Komposite (Mehrschicht) 50-150 Euro 8-12 Jahre
Keramik-Inlays 300-600 Euro 10-15 Jahre
Gold-Inlays 400-700 Euro 15-20 Jahre

Kostenübernahme durch private Zahnzusatzversicherungen

Zahnzusatzversicherungen gewinnen durch das Amalgam-Verbot an Bedeutung, da sie die Kosten für hochwertigere Füllungen übernehmen können:

Bestehende Amalgam-Füllungen: Kein Handlungsbedarf

Wissenschaftliche Bewertung

Bestehende, intakte Amalgam-Füllungen stellen nach wissenschaftlicher Datenlage kein Gesundheitsrisiko für die Allgemeinbevölkerung dar. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) bestätigt, dass:

  • Keine prophylaktische Entfernung erforderlich ist
  • Intakte Füllungen mehrere Jahrzehnte halten können
  • Gesundheitliche Risiken nur bei unsachgemäßer Entfernung bestehen
  • Austausch nur bei medizinischer Indikation

Ein Austausch bestehender Amalgam-Füllungen sollte nur erfolgen bei:

  • Karies unter der Füllung
  • Beschädigten oder defekten Füllungen
  • Medizinischen Kontraindikationen (z.B. Allergie)

Wichtig: Die Kosten für einen Austausch ohne medizinische Indikation werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen.

Auswirkungen auf die zahnärztliche Praxis

Veränderte Behandlungsabläufe

Das Amalgam-Verbot führt zu Anpassungen in der zahnärztlichen Praxis:

Positive Aspekte:

  • Wegfall der Amalgam-Lagerung und -entsorgung
  • Vereinfachte Materiallogistik
  • Reduzierte Umweltbelastung

Herausforderungen:

  • Längere Behandlungszeiten bei Komposit-Füllungen
  • Höhere Techniksensibilität der Materialien
  • Anpassung der Praxisabläufe

Fortbildung und Materialschulung von Zahnärzten und Medizinischen Angestellten

Zahnärzte müssen sich verstärkt mit den neuen Materialien und Techniken auseinandersetzen:

  • Schulungen zu selbstadhäsiven Materialien
  • Erlernung optimaler Verarbeitungstechniken
  • Anpassung der Qualitätssicherung

Gesellschaftliche und soziale Auswirkungen des Amalgam Verbots

Zwei-Klassen-Medizin in der Zahnheilkunde

Das Amalgam-Verbot verstärkt potentiell die Diskrepanz zwischen verschiedenen sozialen Schichten:

Problembereiche:

  • Geringere Haltbarkeit der Kassenleistung
  • Höhere Behandlungsfrequenz für einkommensschwache Patienten
  • Finanzielle Belastung durch notwendige Erneuerungen

Lösungsansätze:

  • Weiterentwicklung kostengünstiger Langzeitmaterialien
  • Stärkung der Präventionsmedizin
  • Verbesserung der Kostenerstattung

Regionale Unterschiede in Deutschland

Die Amalgam-Nutzung variierte stark zwischen den Regionen:

  • Neue Bundesländer: Nur 1,5% Amalgam-Anteil (2023)
  • Alte Bundesländer: 4,1% Amalgam-Anteil (2023)
  • Spitzenreiter: Mecklenburg-Vorpommern mit 11% Amalgam-Anteil

Zukunftsausblick und Entwicklungen in der Zahnmedizin

Materialforschung und Innovation

Die Entwicklung neuer Füllungsmaterialien schreitet voran:

Aktuelle Forschungsschwerpunkte:

  • Bioaktive Materialien mit Selbstheilungseigenschaften
  • Verbesserte Glasionomerzemente mit erhöhter Haltbarkeit
  • Nano-Komposite mit optimierten Eigenschaften

Digitalisierung in der Zahnmedizin

Technologische Fortschritte beeinflussen die Füllungstherapie:

  • CAD/CAM-Systeme für präzise Inlays
  • 3D-Druck von Füllungsmaterialien
  • KI-gestützte Materialauswahl

Langzeitfolgen für das Gesundheitssystem

Die Auswirkungen des Amalgam-Verbots auf die Gesundheitskosten werden sich erst langfristig zeigen:

  • Potentiell höhere Behandlungskosten durch häufigere Erneuerungen
  • Mögliche Einsparungen durch reduzierte Umweltbelastung
  • Veränderungen in der Präventionsstrategie

Handlungsempfehlungen für Patienten

Vor der Behandlung

Wichtige Schritte:

  1. Aufklärung über verfügbare Materialien einfordern
  2. Kosten-Nutzen-Verhältnis verschiedener Optionen abwägen
  3. Zweitmeinung bei größeren Behandlungen einholen
  4. Zahnzusatzversicherung prüfen

Optimale Nachsorge

Empfehlungen zur Haltbarkeitsverlängerung:

  • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen
  • Professionelle Zahnreinigung
  • Optimale Mundhygiene
  • Vermeidung von Knirschen und Pressen

Finanzielle Planung der Zahnbehandlung

Kostenbewusste Entscheidungen:

  • Priorisierung nach Zahnregion
  • Stufenweise Sanierung
  • Inanspruchnahme von Bonusprogrammen
  • Ratenzahlungsvereinbarungen

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Amalgam Verbot

1. Müssen bestehende Amalgam-Füllungen jetzt entfernt werden?

Nein, bestehende Amalgam-Füllungen sind weiterhin sicher und müssen nicht entfernt werden. Das Verbot betrifft nur neue Füllungen ab dem 1. Januar 2025. Intakte Amalgam-Füllungen können problemlos im Mund verbleiben und halten oft mehrere Jahrzehnte. Ein Austausch sollte nur bei medizinischer Notwendigkeit erfolgen, etwa bei Karies unter der Füllung oder bei beschädigten Füllungen. Die Kosten für einen Austausch ohne medizinische Indikation werden von den Krankenkassen nicht übernommen.

2. Welche Füllungen sind jetzt kostenfrei bei der gesetzlichen Krankenkasse?

Ab 2025 übernehmen die Krankenkassen im Seitenzahnbereich die Kosten für selbstadhäsive Materialien wie Glasionomerzemente. Im Frontzahnbereich bleiben Komposite weiterhin vollständig kostenfrei. In Ausnahmefällen können auch Bulkfill-Komposite im Seitenzahnbereich zur Kassenleistung gehören, wenn selbstadhäsive Materialien nicht geeignet sind. Für hochwertigere Materialien wie Mehrschicht-Komposite, Keramik- oder Gold-Inlays müssen Patienten weiterhin eine Zuzahlung leisten.

3. Wie lange halten die neuen Amalgam-Ersatzmaterialien?

Glasionomerzemente, die neue Kassenleistung, halten durchschnittlich 5-8 Jahre, deutlich weniger als Amalgam mit 15-20 Jahren. Bulkfill-Komposite erreichen eine Haltbarkeit von 7-10 Jahren. Dies bedeutet, dass Füllungen häufiger erneuert werden müssen als bisher. Hochwertige Komposite in Mehrschichttechnik können 8-12 Jahre halten, erfordern aber eine Zuzahlung. Die kürzere Haltbarkeit ist ein Kompromiss zwischen Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit.

4. Gibt es noch Ausnahmen für die Verwendung von Amalgam?

Ja, in sehr seltenen Fällen dürfen Zahnärzte noch Amalgam verwenden. Dies ist nur möglich, wenn der Zahnarzt die Behandlung mit Amalgam aufgrund spezifischer medizinischer Erfordernisse für zwingend notwendig erachtet, beispielsweise bei Allergien gegen alle alternativen Materialien. Diese Ausnahmeregelung ist jedoch zeitlich begrenzt und wird von der EU-Kommission bis Ende 2029 überprüft. In der Praxis wird Amalgam faktisch nicht mehr verwendet, da bereits 2023 nur noch 3,5% aller Füllungen aus Amalgam bestanden.

5. Lohnt sich jetzt eine Zahnzusatzversicherung?

Ja, eine Zahnzusatzversicherung wird durch das Amalgam-Verbot deutlich attraktiver. Da die neue Kassenleistung (Glasionomerzement) eine geringere Haltbarkeit hat und häufiger erneuert werden muss, können Zusatzversicherungen die Kosten für langlebigere Materialien übernehmen. Sie erstatten oft die Mehrkosten für hochwertige Komposite, Keramik- oder Gold-Inlays. Bei der Auswahl sollten Sie auf Wartezeiten, Erstattungssätze und Leistungsbegrenzungen achten. Eine frühzeitige Absicherung vor größeren Behandlungen ist empfehlenswert.