zum Inhalt

Pflegeversicherung

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen Beispiele – Wie oft und ab welchem Pflegegrad beantragen?

2. August 2025

Wenn die eigenen vier Wände bei Pflegebedürftigkeit plötzlich zur Herausforderung werden, sind Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen oft der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben zu Hause. Seit 2025 unterstützt die Pflegekasse solche Anpassungen mit bis zu 4.180 Euro pro Maßnahme – und das bereits ab Pflegegrad 1.

Was sind Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen?

Inhaltsverzeichnis

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen nach § 40 Absatz 4 SGB XI sind finanzielle Zuschüsse der Pflegekasse für bauliche Veränderungen und technische Hilfen im häuslichen Umfeld. Diese Anpassungen haben drei zentrale Ziele: die häusliche Pflege zu ermöglichen, zu erleichtern oder die Selbstständigkeit pflegebedürftiger Menschen wiederherzustellen.

Der Begriff umfasst sowohl kleinere Anpassungen wie das Anbringen von Haltegriffen als auch größere Umbaumaßnahmen wie den Einbau eines Treppenlifts oder die Umgestaltung des Badezimmers. Entscheidend ist, dass die Maßnahmen die konkrete Pflegesituation verbessern und nicht nur allgemeine Komfortsteigerungen darstellen.

Ab welchem Pflegegrad können Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen beantragt werden?

Berechtigung für Leistungen ab Pflegegrad 1

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen können bereits ab Pflegegrad 1 beantragt werden. Die Höhe des Pflegegrades spielt dabei keine Rolle für die Zuschusshöhe – sowohl Pflegegrad 1 als auch Pflegegrad 5 erhalten denselben maximalen Zuschuss von 4.180 Euro.

Diese frühe Intervention macht Sinn: Schon bei geringen Beeinträchtigungen können kleine Anpassungen große Wirkung zeigen. Stolperfallen beseitigen oder Haltegriffe anbringen kann Stürze verhindern und die Selbstständigkeit erhalten.

Zuschusshöhe 2025: 4.180 Euro pro Maßnahme

Zeitraum Maximaler Zuschuss pro Maßnahme
Bis 2024 4.000 Euro
Ab 2025 4.180 Euro

Beispiele für Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen

Anpassungen im Badezimmer

Das Badezimmer ist der häufigste Ort für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, da hier besondere Sturzgefahr herrscht:

  • Bodengleiche Dusche statt Badewanne
  • Haltegriffe an strategischen Stellen
  • Duschsitz oder Duschklappsitz
  • Rutschfeste Bodenbeläge
  • Höhenverstellbares Waschbecken

Maßnahmen zur Überwindung von Barrieren

Stufen und enge Durchgänge stellen oft unüberwindbare Hindernisse dar:

  • Treppenlifte für den Zugang zu verschiedenen Etagen
  • Rampen als Alternative zu Stufen
  • Türverbreiterungen für Rollstuhl- oder Rollatornutzer
  • Abbau von Türschwellen zur Stolperfallenvermeidung
  • Beidseitige Handläufe an Treppen

Technische Hilfsmittel und Orientierungshilfen

Moderne Technik kann den Alltag erheblich erleichtern:

  • Bewegungsmelder für automatische Beleuchtung
  • Gegensprechanlagen für mehr Sicherheit
  • Höhenanpassung von Lichtschaltern und Steckdosen
  • Orientierungshilfen für sehbeeinträchtigte Menschen
  • Notrufsysteme für den Ernstfall

Anpassungen in der Küche

Eine barrierefreie Küche ermöglicht selbstständiges Kochen:

  • Absenkbare Hängeschränke
  • Unterfahrbare Arbeitsflächen
  • Elektrisch höhenverstellbare Küchenelemente
  • Gut erreichbare Bedienelemente

Wie oft können Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen beantragt werden?

Mehrfache Beantragung bei veränderten Pflegesituationen

Ein weit verbreiteter Irrtum besagt, dass wohnumfeldverbessernde Maßnahmen nur einmal im Leben beantragt werden können. Das ist falsch! Der Zuschuss kann mehrfach beantragt werden, wenn sich die Pflegesituation verändert und neue Maßnahmen erforderlich werden.

Was bedeutet „pro Maßnahme“?

Der Begriff „Maßnahme“ umfasst alle Umbauarbeiten, die zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund der bestehenden Pflegesituation erforderlich sind. Werden beispielsweise gleichzeitig das Bad umgebaut und Türen verbreitert, gilt dies als eine Maßnahme.

Beispiel für mehrfache Beantragung

Erste Maßnahme: Installation von Haltegriffen und einer rutschfesten Duschmatte (Februar)
Zweite Maßnahme: Einbau eines Treppenlifts bei verschlechterter Mobilität (Oktober)

Beide Maßnahmen können mit jeweils bis zu 4.180 Euro bezuschusst werden, da sie auf unterschiedliche Pflegesituationen reagieren.

Antrag auf Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen: So gehen Sie vor

Schritt 1: Beratung einholen

Lassen Sie sich von einer Wohnberatungsstelle beraten. Diese neutralen Stellen helfen bei

  • Ermittlung geeigneter Maßnahmen
  • Kostenplanung
  • Antragstellung
  • Handwerkerauswahl

Schritt 2: Kostenvoranschläge einholen

Vor der Antragstellung benötigen Sie detaillierte Kostenvoranschläge von Fachbetrieben. Diese sollten alle geplanten Maßnahmen genau beschreiben.

Schritt 3: Antrag bei der Pflegekasse stellen

Der Antrag kann formlos schriftlich bei Ihrer Pflegekasse eingereicht werden. Benötigte Angaben:

  • Name und Versichertennummer
  • Beschreibung der geplanten Maßnahmen
  • Begründung der Notwendigkeit
  • Kostenvoranschläge
  • Bei Mietwohnungen: Zustimmung des Vermieters

Schritt 4: Begutachtung durch den Medizinischen Dienst

Die Pflegekasse kann eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) veranlassen, um die Notwendigkeit der Maßnahmen zu prüfen.

Schritt 5: Umsetzung nach Genehmigung

Wichtig: Beginnen Sie erst nach der schriftlichen Genehmigung mit den Bauarbeiten. Bei vorzeitigem Beginn riskieren Sie den Zuschuss.

Bearbeitungsfristen und Entscheidung

Die Pflegekasse muss Ihren Antrag spätestens nach drei Wochen entscheiden. Wird ein Gutachten benötigt, verlängert sich die Frist auf fünf Wochen.

Besonderheiten bei mehreren Pflegebedürftigen

Anzahl Pflegebedürftiger Möglicher Gesamtzuschuss
1 Person 4.180 Euro
2 Personen 8.360 Euro
3 Personen 12.540 Euro
4 Personen 16.720 Euro

Leben mehr als vier anspruchsberechtigte Personen in einem Haushalt, wird der Betrag anteilig aufgeteilt.

Eigenanteil und Kostenübernahme Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen

Vollständige Kostenübernahme bis 4.180 Euro

Kostet die Maßnahme weniger als 4.180 Euro, übernimmt die Pflegekasse die vollständigen Kosten.

Eigenanteil bei höheren Kosten

Übersteigen die Kosten den Zuschuss, tragen Sie die Differenz selbst. Beispiel: Bei 6.000 Euro Gesamtkosten zahlen Sie 1.820 Euro.

Zusätzliche Fördermöglichkeiten

KfW-Förderung kombinieren

Das Programm „Altersgerecht Umbauen“ bietet:

  • Bis zu 6.250 Euro Zuschuss für das Gesamtpaket „Altersgerechtes Haus“
  • Bis zu 2.500 Euro für Einzelmaßnahmen
  • Zinsgünstige Kredite bis 50.000 Euro

Regionale Förderprogramme

Viele Bundesländer und Kommunen unterstützen zusätzliche Maßnahmen. Informationen erhalten Sie bei Ihrer Wohnberatungsstelle.

Was wird nicht bezuschusst?

  • Reparaturen oder Modernisierungen ohne Pflegebezug
  • Haushaltsgeräte wie Kühlschrank oder Waschmaschine
  • Schönheitsreparaturen wie Tapezieren oder Anstreichen
  • Allgemeine Verbesserungen wie Wärmedämmung oder Schallschutz
  • Komfortsteigerungen ohne direkten Pflegebezug

Was tun bei Ablehnung und Widerspruch für Wohnumfeldverbessernde Maaßnahmen?

Häufige Ablehnungsgründe

  • Unzureichende Begründung
  • Fehlender Pflegebezug
  • Unvollständige Unterlagen
  • Zu allgemeine Kostenvoranschläge

Widerspruch einlegen

Bei Ablehnung haben Sie einen Monat Zeit für einen schriftlichen Widerspruch. Legen Sie dabei dar:

  • Konkrete Pflegesituation
  • Nutzen der Maßnahme
  • Zusätzliche medizinische Unterlagen

Besonderheiten für Mieter

Zustimmung des Vermieters Voraussetzung

Als Mieter brauchen Sie die schriftliche Zustimmung Ihres Vermieters für bauliche Veränderungen. Dies ist eine grundlegende Voraussetzug für Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen und gemieteten Wohnungen und Häusern.

Rückbauverpflichtung an den Vermieter

Klären Sie, ob ein Rückbau bei Auszug erforderlich ist oder ob der Vermieter darauf verzichtet.

Regionale Unterschiede und Beratungsangebote

Deutschlandweit gibt es über 250 Wohnberatungsstellen. Adresslisten finden Sie bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung e.V. Pflegekassen und Pflegestützpunkte vermitteln ebenfalls Ansprechpartner.

Tipps für einen erfolgreichen Antrag auf Leistungen für Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen

Dokumentation der Pflegesituation

Dokumentieren Sie:

  • Aktuelle Einschränkungen
  • Probleme in der Wohnung
  • Wie die Maßnahme hilft
  • Fotos der aktuellen Situation

Fachliche Unterstützung

Nutzen Sie:

  • Wohnberatungsstellen
  • Pflegeberater Ihrer Kasse
  • Ergotherapeuten
  • Pflegefachkräfte

Rechtzeitige Antragstellung

Stellen Sie den Antrag vor Beginn der Maßnahmen. Nachträgliche Anträge sind deutlich schwieriger.

Häufige Fragen (FAQ)

1. Kann ich wohnumfeldverbessernde Maßnahmen ohne Pflegegrad beantragen?
Nein, ein anerkannter Pflegegrad ist Voraussetzung. Parallel zur Pflegegradbeantragung kann der Antrag dennoch gestellt werden.

2. Wie lange dauert die Bearbeitung meines Antrags?
Die Pflegekasse entscheidet spätestens nach drei Wochen, bei erforderlicher Begutachtung nach fünf Wochen.

3. Kann ich verschiedene Förderungen kombinieren?
Ja, beispielsweise mit KfW-Zuschüssen oder regionalen Programmen. Prüfen Sie die Regeln zur Doppelförderung.

4. Was passiert bei Verschlechterung der Pflegesituation?
Dann können Sie eine neue Maßnahme beantragen. Jede neue Pflegesituation ermöglicht einen erneuten Zuschuss.

5. Wer hilft bei Planung und Umsetzung?
Wohnberatungsstellen bieten kostenlose, neutrale Beratung und begleiten auf Wunsch den gesamten Prozess.

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen sind ein entscheidender Baustein für ein sicheres und selbstbestimmtes Leben zu Hause. Nutzen Sie die verfügbaren Zuschüsse, kombinieren Sie Fördermöglichkeiten und holen Sie professionelle Beratung ein – Ihre Lebensqualität wird es Ihnen danken.