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Pflegeversicherung im Kreuzfeuer

Frontal21 berichtet über Probleme mit Pflegeversicherung

7. November 2013

Altenpflege

Pflegebedürftige, die von Verwandten zu Hause versorgt werden, sparen den gesetzlichen Kassen viel Geld

Neuer Streit um die Pflegeversicherung: Das ZDF Magazin Frontal21 zeigte am Dienstag eine Reportage über Probleme, die Pflegebedürftige mit den Trägern ihrer gesetzlichen Pflegeversicherungen, also Krankenkassen, haben.

Den Betroffenen würden teilweise sogar gesetzlich garantierte Leistungen verweigert, wie Frontal21 berichtet. Konkret ging es um Pflegeversicherte, die zu Hause gepflegt werden – ihnen bzw. den sie pflegenden Angehörigen werde beispielsweise die sogenannte Verhinderungspflege verweigert.

Hoher Anteil häuslicher Pflege

Nach einer Schätzung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen werden momentan rund 1,1 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland nicht etwa in Pflegeeinrichtungen, sondern im häuslichen Umfeld gepflegt. Eine beachtliche Zahl, welche die häusliche Pflege zu einer wichtigen Säule im deutschen Gesundheits- und Pflegesystem macht. Gleichzeitig entlastet die Pflege zu Hause die Pflegekassen, denn sie ist deutlich billiger als die Pflege in einer Einrichtung. Dies ist mithin nur darum möglich, weil Verwandte und angestellte Fachkräfte sich intensiv und aufopferungsvoll um den Pflegebedürftigen kümmern.

Zankapfel Verhinderungspflege

Gerade aus diesen Gründen ließ es manchen Zuschauer geradezu erschauern, als Frontal21 am Dienstag über Fälle berichtete, in denen gesetzliche Kassen offenbar gezielt versucht, den Pflegenden Entlastungen zu verweigern, um weitere Kosten zu sparen.

Hierzu muss man wissen, dass die gesetzliche Krankenkasse bis zu 1.550 Euro pro Pflegebedürftigen und Jahr für eine sogenannte Verhinderungspflege zur Verfügung stellen muss – so will es der Gesetzgeber. Die Verhinderungspflege kommt dann zum Tragen, wenn die pflegende Person erkrankt oder anderweitig verhindert ist und darum eine Ersatzpflegekraft engagiert werden muss.

Erstattung verschleppt

In den meisten Fällen wird die Bezahlung der Ersatz-Pflegekraft so gehandhabt, dass der Pflegebedürftige bzw. der ihn pflegende Verwandte die Kosten vorstreckt, welche ihm im Anschluss von der gesetzlichen Pflegekasse erstattet werden.

Frontal21 berichtet nun, dass viele den hierzu notwendigen Entscheidungen aber von den Kassen verschleppt werden. Um nicht auf den aufgelaufenen Kosten sitzenzubleiben, sind viele Betroffene dazu gezwungen, vor Gericht zu ziehen. Andere geben nach einem längeren Briefwechsel mit der Pflegekasse entnervt auf.

Unnötige Abrechnungsbürokratie

Ein weiteres probates Mittel, die Leistung zu verzögern, liegt für manche gesetzliche Krankenkasse offenbar auch in einer äußerst peniblen Bürokratie. Frontal21 nannte exemplarisch die AOK Baden-Württemberg. Diese fordert von den Betroffenen im Falle der Kostenabrechnung von Verhinderungspflege einen detailierten Nachweis darüber, „Wer wie viel für welche Leistung an welchem Tag“ bekommen hat.

Experten halten dies in vielen Fällen gar für gesetzwidrig. Noch einmal zur Erinnerung: Die Kostenübernahme für Verhinderungspflege ist nicht ein besonderer Service der Krankenkassen, sondern ein gesetzlicher Anspruch, den Pflegebedürftige bzw. deren Angehörige haben.

Deutschlandweit Pflege-Bewusstsein stärken

Natürlich kann die Reportage von Frontal21 lediglich über einzelne Vorgänge berichten. Dennoch ist der Beitrag sehr wohl geeignet, das Bewusstsein um die Notwendigkeit von Pflege und eben auch die damit verbundenen Kosten zu stärken. Nach einer Studie der Süddeutschen Krankenversicherung haben sich zwar gut zwei Drittel der Bevölkerung bereits mit der Frage auseinander gesetzt, ob sie pflegebedürftige Angehörigen zu Hause pflegen würden oder nicht, welche Anstrengungen und Kosten sie dann jedoch erwarten würden und welche Ansprüche sie in einem solchen Fall gegenüber der gesetzlichen Pflegekassen hätten, wissen jedoch wohl die Wenigsten.

Private Pflegeversicherung meist sinnvoll

Vor diesem Hintergrund sollte aber auch darüber aufgeklärt werden, dass die gesetzlichen Krankenkassen als Träger der gesetzlichen Pflegeversicherung nur für das Notwendigste aufkommen müssen. Darüber hinaus anfallende Kosten müssen vom Pflegebedürftigen oder dessen Familie getragen werden. Hier kann eine private Pflegeversicherung Verbrauchern dabei helfen, die im Fall von Pflegebedürftigkeit auftretende Versorgungslücke zu schließen.